Thursday, August 17, 2006

Wohlstand für Alle

It´s the economy stupid –
Oder Wohlstand für alle im Nahen Osten

Die landläufige Begründung für den Nahostkonflikt ist der Existenzkampf Israels, den manche bejahen, viele relativieren und insbesondere die Nachbarn verneinen. Es mag eine Facette eines Problems sein, aber mit Sicherheit ist nicht entscheidend für die Armut und die Unfreiheit, die in weiten Teilen der Region herrschen.

Machen wir doch einmal das Gedankenexperiment und entfernen den Staat Israel aus der Region. Hätte Saddam Hussein dann nicht zuerst gegen den Iran, dann gegen Kuweit und zuletzt gegen die Amerikaner Krieg geführt. Wäre aus den Taliban eine friedliebende, tolerante Menschenrechtsbewegung geworden, die sich gegen Osama Bin Laden und für die Frauenbewegung entschieden hätte. Wie hätte es in Darfour ausgesehen. Wären dort keine Massaker geschehen. Was wäre mit dem islamischen Terrorismus der Al Quaida, der am 11. September 2001 völlig unerwartet zuschlug.

Die westliche Welt trägt ein gerüttelt Maß Schuld am Schicksal der Region. Nachdem die Engländer gemeinsam mit Rommels Wüstenfüchsen weite Teile des heutigen Nahen Osten zum Schlachtfeld gemacht hatten, wollten die vereinten Nationen eine neue Staatenordnung nach dem Zweiten Weltkrieg begründen. Die Staatsgrenzen etwa des Irak oder des Libanon waren völlig willkürlich und orientierten sich an den Linealen, die die früheren Kolonialherren auf die Landkarte legten und nicht an den existierenden Stämmen, Volksgruppen und Sprachgrenzen. So wurde im Irak die sunnitische und die schiitische Glaubensgemeinschaft mit Kurden vermischt, im Libanon sollten Christen gemeinsam mit Palästinensern leben, auch Jordanien hat einen hohen Anteil palästinensischer Bevölkerung.

Betrachtet man die Staaten unabhängig von Israel und nutzt das Handwerkszeug, das uns Walter Eucken an die Hand gegeben hat, die These von der Interdependenz der Ordnungen, ergibt sich ein Bild, das sich von den landläufigen Interpretationen deutlich unterscheidet.

Euckens Botschaft ist einfach: Eine Marktwirtschaft braucht die Ordnung eines freiheitlichen Rechtsstaates, um die Freiheit und die Verfügungsgewalt über das private Eigentum für alle Bürger zu garantieren und Chancengleichheit zu ermöglichen. Jede Form von Zwang und Gewalt macht die Chance auf Wettbewerb und Freiheit dauerhaft zunichte. Heute ist auch empirisch belegt, dass nur eine Marktwirtschaft den Menschen die Chance gibt, selber Wohlstand zu erwerben und Freiheit zu genießen.

In der Region gibt es neben Israel nur einen freiheitlichen Rechtsstaat, der die Würde des Menschen und seine Rechte in vergleichbarer Weise schützt, auch wenn dies nicht immer nach unseren Standards der Fall sein mag: Die Türkei. Sie treibt sogar Handel mit Israel und wenn ich mich recht erinnere, gibt es auch bei Verteidigung Kooperation und Waffengeschäfte zwischen beiden Staaten. Die Türkei ist ein freiheitlicher Rechtsstaat und in der weiten Region die einzige parlamentarisch verfasste Demokratie, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird. Aber der Staat ist säkularisert, es existiert eine strikte Trennung zwischen dem Staat und der muslimischen Religion. Bisher sind türkische Staatsangehörige auch noch nicht als Terroristen für die islamistische Bewegung in Erscheinung getreten.

Alle anderen Gebilde in der Region sind mit unseren Ansprüchen an eine rechtsstaatliche Ordnung nicht zu vergleichen. Sie lassen sich grob in drei Kategorien teilen.

· Diktaturen oder Halbdemokratien mit Ölbesitz
· Diktaturen oder Halbdemokratien ohne Ölbesitz
· Scheindemokratische Gebilde ohne staatliches Gewaltmonopol.

Die erste Gruppe betrifft hauptsächlich die Anrainerstaaten des persischen Golfs. Während der Iran der Marxschen Maxime folgt, Religion sei Opium fürs Volk und versucht, eine ganze Nation faktisch zu benebeln, sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Kuwait in der Lage, die Bevölkerung durch unmaßgebliche Beteiligung am durch die Inbesitznahme der Ölquellen illegitim erworbenem Reichtum still zu halten. Eine offensive Verwendung dieser Revenues im eigenen Land durch Aufbau von Tourismus und Off-Shore-Firmen lässt die weitgehenden mit den Gesetzen des Islam unfrei gehaltene Unter- und Mittelschicht nicht aufbegehren, weil sie sich dauerhaft in einer erträglichen Situation befinden.

Die zweite Gruppe betrifft Staaten wie Ägypten, Syrien und auch Jordanien. Hier ist kein Öl vorhanden und eine kleine Elite hat sich die gesamte Ökonomie unter den Nagel gerissen. Dort gibt es wenige Reiche, die die Gesamtbevölkerung ausbeuten. Auch wenn hier teilweise marktwitschaftliche Mechanismen auftauchen, Korruption und fehlende Chancengleichheit lassen diese Länder in ihrer Fläche lediglich als Mittel zur Ausbeutung durch die „herrschende Klasse“ gelten. Die Garantie des Privateigentums unterliegt der Willkür des Staates und nicht Recht und Gesetz.

Die dritte Gruppe umfasst den Libanon und das Gebiet der sogenannten palästinensischen Selbstverwaltung. Sie sind durch die Abwesenheit eines eigenen staatlichen Gewaltmonopols gekennzeichnet, wie etwa auch der Irak, wo Terroristen mit ihren Bomben sich nicht tagtäglich gegen die Amerikanische Besatzung, sondern gegen die Sicherheitskräfte wenden, die die eigene parlamentarisch legitimierte Regierung repräsentieren, und eben ein solches Gewaltmonopol durchsetzen sollen. Gleiches trifft übrigens offensichtlich auch für weite Teile Afghanistans und auch die Grenzregion Pakistans zu.

In diesen Regionen gibt es keine reguläre Polizei, die die Bürger vor Verbrechen schützt und kein Militär, das in der Lage wäre, den Staat vor Angriffen zu schützen, sondern starke sogenannte Milizen, bewaffnete Privatarmeen, die ihren Eigentümern Macht und hohe wirtschaftliche Einnahmen in den Regionen versprechen, in denen sie tätig sind.

Die Abwesenheit des staatlichen Gewaltmonopols erlaubt es Bewegungen wie Hisbollah, Hamas und Al Quaida, ihrem Terrorhandwerk nachzugehen, ohne zu befürchten, dass die eigene Polizei oder Armee ihnen in die Suppe spuckt.

Die Herrscher in diesen Staaten und die Ihnen verbundenen wirtschaftlichen und politischen Eliten haben bei der Etablierung freiheitlicher Rechtsstaaten in ihren Regionen viel zu verlieren. Macht und Einfluss, aber auch Einkommen, Vermögen und Gewinn. Schlimm ist es, dass die europäische Union mit ihren Fördergeldern mindestens zu diesem Zustand beiträgt und nicht mit ihnen knallharte Bedingungen verbindet, die den einfachen Menschen in diesen Regionen das Recht auf Bildung und Chancengleichheit bringt und die Abkehr von Gewalt und Willkür und die Einführung einer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung darstellt. Kurz die Menschen von denen befreit, die sie in Wirklichkeit ausbeuten, ihre eigenen Eliten und politischen Kasten. Stattdessen konnte sich der verstorbene Palästinenser-Führer Arafat aus diesen Mitteln ein dreistelliges Millionenvermögen abzweigen und seine Frau und Tochter Tag für Tag im Paris im Ritz unterbringen, wo sie nach meiner Kenntnis heute noch "leben".

Europa hat die Chance, im Libanon nicht dieselben Fehler zu wiederholen, die es in Palästina mit allzu viel Gutmenschentum gemacht hat. Und Europa muss die Fehler, die es bei den Palästinensern gemacht hat wieder gut machen, in dem es Hilfe an die Entwaffnung der Milizen und Fatah knüpft und den Mitteleinsatz vor Ort selbst und scharf kontrolliert, so dass der Korruption keine weiteren Türen geöffnet werden.

Schon der frühere libanesische Ministerpräsidenten Hariri wurde nach den Aussagen des deutschen Oberstaatsanwalts, der diesen Mord untersuchte, von syrischen Geheimdienstlern umgebracht, um zu verhindern, was er im Libanon schaffen wollte. Einen freiheitlichen Rechtsstaat und eine liberale Marktwirtschaft, in der die Menschen und nicht die Eliten zu Wohlstand kommen.

Der berühmte Erhard-Spruch vom „Wohlstand für alle“ bekommt so eine ganz neue Bedeutung. Weil diejenigen, die heute ihre Völker bestehlen, abgeben müssten. Hisbollah, Al Quaida und Hamas sind ihre willigsten Helfer. Beim Konflikt zwischen Islamisten und der westlichen Welt geht es nicht um religiöse Unterschiede. Sondern um Werte, wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, die Israel im Nahen Osten verteidigt. Nicht in unserem Auftrag aber zu unserem Vorteil. Und um die Frage, ob wir hier weiter so leben können, wie wir wollen.

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