Thursday, September 14, 2006

Jan Ullrichs Grundversorgung

Stasi-Hagen, Doping-Ulle und die ARD

Vor einigen Tagen kam heraus, dass Jan Ulrich sein privates Doping bequem aus den Mitteln der Gebühreneinzugszentrale finanzieren konnte. Für Selbstverständlichkeiten wurde dem Tour de France Sieger von 1997 alljährlich eine Summe ausgekehrt, von der eine kleine Gemeinde ihre Hartz IV Empfänger versorgen kann, die allerdings von der demokratischen Pflicht der Rundfunkgebühren ausgeschlossen blieben. Rund 200.000 € bekam der Rennradler dafür, dass er der ARD nach Sieg oder Niederlage zu einem Interview zur Verfügung stand. Ein Interview, auf das er zur Steigerung des eigenen Marktwertes angewiesen war. Begründet wurde der Vertragsabschluss mit dem Argument, dass man an Ulrich sonst nicht "herangekommen" sei, so die Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten, in jener Zeit gleichzeitig Hauptsponsor des Teams Telekom, dessen Sport-Koordinator gegen gesonderte Honorierung gerne Veranstaltungen dieses Teams "moderierte" über das er mit der hoffentlich gebührenden Neutralität bei allerlei Live-Übertragungen berichtete.

Nochmal zum Mitschreiben: Die ARD sponsorte das Team Telekom und dessen Kapitän Jan Ullrich. Der Koordinator Sport dieser Arbeitsgemeinschaft erhielt seinerseits wiederum Honorare für Moderationsleistungen. Und er berichtete im Rahmen der Grundversorgung und journalistischen Sorgfaltspflicht über das Abschneiden dieses Teams bei diversen Radveranstalten.

Despektierlich wird die Angelegenheit vor dem Hintergrund, dass die ARD vermutlich (mindestens aber gemeinsam mit dem ZDF) der grösste Kunde der Deutschen Telekom ist. Niemand braucht mehr Satelliten-Strecken, mehr Standleitungen und mehr Datenvolumen als die Fernsehanstalten. Unter diesem Gesichtspunkt wird die ganze Angelegenheit nicht mehr nur despektierlich sondern bekommt den Beigeschmack von Korruption.


Welchen Niederschlag finden kritische Stimmen innerhalb der ARD, wenn sie nicht nur über Doping-Ulle, sondern über Immobilienspekulationen oder das neue Glasfasernetz der Telekom berichten. Nicht weil diese im Gegenzug wiederum zu den grössten Werbekunden der ARD gehört. Sondern weil die finanziellen Beziehungen zwischen beiden so intransparent sind und Zweifel an Seriosität und Unabhängigkeit aufkommen lassen. Schliesslich hat der Haupteigentümer der Deutschen Telekom, die Bundesrepublik Deutschland ein Interesse daran, dass die negative Presse keinen Ausschlag auf den Börsenkurs hat, sonst sinkt der mögliche Verkaufspreis.

Hagen Boßdorf, der nette Milchbubi vom ORB, verantwortet als Koordinator das Geschäftsfeld Radsport. Er hat bei seinem Heimatsender einen unliebsamen Kollegen abgesetzt, der sich allzu kritisch mit dem Thema Doping im Schwimmsport beschäftigte, und hat trotz aller Zweifel, die eingedenk dieses Filzes an ihm aufkommen, eine Vertragsverlängerung um 6 Jahre erhalten. Ein Vertrag, den der frühere WDR-Intendant und Chef des Bonner Büros Friedrich Nowotny schlicht sittenwidrig nennt.

Ein Mann übrigens, gegen den die Staatsanwaltschaft in anderer Sache ermittelt. Weil es eine Akte bei der Birthler Behörde gibt, die ihn als inoffiziellen Mitarbeiter ausweist und die nahelegt, dass der Mann gelogen hat. Er hatte nämlich an Eidesstatt anderes erwähnt. Ein Journalist, der im Verdacht steht, zu lügen, der fragwürdige Verträge, die den Dunst der Korruption verstrahlen, verantwortet und selbst keine Interessenkollision zwischen seinen privaten Aufträgen und seinem Beruf erkennt.

Die ARD diskreditiert sich selbst. Sie finanziert sich mehrheitlich aus Zwangsgeldern, die sie von den Eigentümern von Rundfunkgeräten, Fernsehgeräten und demnächst auch Mobiltelefonen und Personal Computern erhält, obwohl diese den fürsorglichen Anspruch auf "Grundversorgung" von ihr gar nicht erfüllt sehen wollen. Sie hat für den Umgang mit diesen Geldern eine besondere Treuepflicht und für die Auswahl ihres Personals müsste sie besonders strenge Maßstäbe anlegen.

Der Skandal wird die Zweifel weiter nähren, dass die Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die sogenannten relevanten gesellschaftlichen Kräfte (Landfrauen, Kirchen, Gewerkschaften, Parteien) im Fernsehrat funktioniert. Rat heißt Sowjet. Und so funktioniert er auch. Auf dieser Seite findet sich die Kritik deshalb, weil es um die Frage geht, ob unter solchen Umständen noch die Pressefreiheit gewahrt ist.

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