Monday, October 16, 2006

Beim Schneiden der Zwiebel

Am vergangenen Freitag Abend hatte ich die seltene Ehre bei der Verspeisung eines von Alfon Schuhbeck höchstpersönlich kreierten Salates mit zuviel Essig im ICE im Beisein von Ursula – Uschi – Quengelen – Geifer (Engelen – Kefer) zu verbringen, sozialpolitisches Urgestein der Republik, Mitglied im SPD-Parteivorstand, jahrzehntelange stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, - abwechselnd stellvertretende und Vorsitzende des Verwaltungsrate der früher Bundesanstalt und heute Bundesagentur für Arbeit, der sie zwischenzeitlich auch als Vizepräsidentin gedient hatte.

Ich kämpfte mit den auffällig über den Thunfisch drapierten Zwiebelringen, die sich zwar nicht mehr häuten (Günther WaffenGG Grass) ließen aber doch geschnitten werden mussten, während ein freundlicher Fotograf mir gegenüber auf seinem Apple-Notebook offensichtlich eine Werkschau vornahm und die zwangsweise in den Ruhestand geschickte „Uschi“ emsig ein Weißbuch zur Ausbildung ihres ehemaligen Arbeitgebers DGB las.

Der Kampf mit der Zwiebel ist ja – wie wir von veritablen Nobelpreisträgern wissen – nichts Ehrenrühriges und forderte meine ganze Aufmerksamkeit. So ließ ich Milde walten und sah genüsslich zu, wie „Uschi“ bei der Nennung des Rechnungsbetrages des freundlichen Werktätigen der Deutschen Bahn AG, dessen Dienstbarkeit sie richtigerweise lobte, erschreckte: 18 Euro – „Für mich ?“. Sie nutzte die Gelegenheit, mit gehörig Kleingeld die Beschwernis der als Waffe vorweg gestreckten Handtasche zu erleichtern und dem Mitropa-Angestellten einen ordentlichen Obulus zuzugestehen, bevor sie auf dem stilvoll ausgewählten Absatz kehrt machte und in die erste Klasse entschwebte.

Ich bedauerte meinen Beschluss, als das unverkennbare Organ der Zwangspensionistin sich zu fast nachtschlafender Stunde am gestrigen Morgen im Deutschlandfunk erhob, um für die neue Armut in Deutschland und das von der Friedrich Ebert – SPD – Stiftung festgestellte Phänomen einer neuen rund Fünf Millionen Menschen umfassenden „Unterschicht“ die „Hartz IV“ genannte Zusammenlegung von zwei (out of 150) Sozialtransfers der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich zu machen und nun so ungefähr jede gleichmacherische „olle Kamelle“ ihrer beruflichen Tätigkeit im Interview anzupreisen – von der Ausbildungsabgabe bis zur Abschaffung von „Hartz IV“. Es hätte ja das letzte sein können.

Das von der Ebert – SPD – Stiftung konstatierte Phänomen ist so überraschend nicht. Schliesslich hatte vor Jahresfrist bereits Harald Schmidt die Flucht aus dem heute in der Präsidiums-PK von SPD-Generalsekretär Hubertus Heil erkannten „Unterschichten – Fernsehen“ bekannt gegeben und der Parteivorsitzende Kurt Beck in einem Zeitungsinterview das Erscheinen dieser Studie offensichtlich geschickt mit der Erwähnung offensichtlich sinkenden Durchlässigkeit der Gesellschaft publizistisch vorbereitet. Aber muß ich deshalb am frühen Montag Morgen Uschis quengelnden Geifer ertragen ? Ich war der betonköpfigen Altherrenriege um Michael – nicht Ron – Sommer dankbar gewesen, dass sie ihre wirksamste Penetranzwaffe zwangsweise aus dem DGB-Präsidium und der Bundesanstalt für Arbeit verdrängt hatte.

Hätte ich gewusst, dass die Frau um Unruhezustand, der zu meinem Erstaunen noch ein Sitz im SPD-Parteivorstand verblieben war, ihren Privat-Anschluss penetrant missbraucht, um ihre Auffassung als Privatier unters Volk zu bringen, (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/553511/), ich hätte die seltene Gelegenheit im Bord-Restaurant des ICE der Deutschen Bahn AG zwischen Göttingen und Braunschweig genutzt, den bitteren Beigeschmack des Salates mit einer ordentlichen Polemik gegen das Urgestein des deutschen Sozialstaates zu pfeffern.

Die Chance, die vermutlich beratungsresistente Berufsfunktionärin des deutschen Sozialstaates ausser Diensten mit meiner Auffassung zu behelligen, habe ich vertan. Deshalb: To whom it may concern – Oder für „Uschi“.

Die Ebert – SPD – Stiftung legt den Finger in die richtige Wunde: Bisher hat sich der Wohlfahrtsstaat scheinbar leisten können, eine zunehmende Zahl von Menschen mit Sozialtransfers durchzufüttern, die bei steigender Produktivität nicht mehr in der Lage sind, am Erwerbsleben teilzunehmen. Mittlerweile ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf rund 25 Mio Menschen gesunken, die ausschließlich mit dem Einkommen, das sie verdienen, für den Rest des Landes aufkommen müssen. Und in den vergangenen 10 – 15 Jahren ist ihre Zahl konsequent gesunken. Die Arbeit, nicht der Lohn, den sie erhielten, wurde immer teuer.

Mittlerweile sind wenigstens die sogenannten 400-Euro-Jobs, die Uschi so verteufelt, von der Sozialversicherung frei gestellt. Bis 800 Euro steigt die Sozialversicherungspflicht sukzessive an, ab 800 € schlägt die Keule der Strafsteuer auf Arbeit mit voller Wucht zu. Mehr als 40 % des erwirtschafteten Einkommens geht an die Sozialkasse. Das grenzt an Enteignung.

In Deutschland sind nicht die Löhne und Einkommen zu hoch, sondern die Steuern und Abgaben, die auf sie entfallen. Und sie erweisen sich als automatischer Stabilisator der Arbeitslosigkeit. Je mehr Leute ihr Einkommen nicht durch Arbeit erzielen, desto höher ist der Finanzbedarf der Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung. Das führt zu steigenden Beiträgen, die wiederum Arbeit verteuert und eine bestimmte Anzahl von Arbeitsplätzen unwirtschaftlich machen, deren Entfall zu einer weiteren Reduzierung von Arbeitsplätzen führt, Die Spirale führt unweigerlich weiter – nach unten. Und mittlerweile können wir uns das Heer der Erwerbslosen einfach nicht mehr leisten.

Quengelen-Keifer meint, Hartz IV sei schuld an der neuen Unterschicht. Das ist so wahr wie falsch. Die Regierung Schröder entschloss sich vor einiger Zeit zwei der rund 150 verschiedenen Sozialtransfers, für die wir rund 600 Mrd € aufwenden, zusammen zu legen: Die Arbeitslosen- und die Sozialhilfe. Das knifflige: Beide wurden aus Steuergeldern finanziert, aber während die Sozialhilfeempfänger ihre Bedürftigkeit unter Beweis stellen mussten, orientierte sich die Arbeitslosenhilfe an dem früheren Arbeitseinkommen des Hilfebedürftigen. Warum ?

Dass der arbeitslose Akademiker nicht mehr Geld bekommt wie die alleinerziehende Mutter mit zwei Kinder, sollte als gerecht zwischen allen Beteiligten empfunden werden.Wird es aber gerade nicht von dem ehemaligen Facharbeiter oder Bauingenieur, der sich mit seiner Erwerbslosigkeit abgefunden hat. Die zunehmend von der Arbeitslosigkeit betroffene Mittelschicht fühlt sich in ihrem Besitzstand bedroht. Und das ist ein neues Phenomen.

Bislang hat die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland sukzessive Arbeitslosigkeit billligend in Kauf genommen, weil die immer grössere Anzahl der aus dem Prozess ausscheidenen Bürger finanziert wurde und die Arbeitslosenhilfe defacto den einmal erreichten Lebensstandard garantierte, auch wenn sie selbst dazu nichts mehr beitragen konnten.

Der Grund ist ein nationalökonomisches Schlagwort: „Produktivitätsorientierte Einkommensentwicklung.“ Das Kartell der Arbeitsplatzbesitzer, die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften verteilten seit mindestens 40 Jahren in ihren Verhandlungen mit viel Bohai nach nächtlichen Krisensitzungen den sogenannten Produktivitätsfortschritt untereinander. Durch Investitionen in neue Maschinen, Anlagen und Verfahren konnten einzelne Mitarbeiter während der Arbeitszeit eine höhere Leistung erbringen. Der zusätzliche Gewinn aus dieser Leistung wurde zwischen Unternehmen und Mitarbeitern aufgeteilt. Für die bestehenden Unternehmen war dies vorteilhaft, denn sie hatten schon investiert und die Lohnsteigerung war für sie solange hinzunehmen, so lange sie niedriger war als die durch einen Streik entstehenden Ausfallkosten.

Das von den Ökonomen und Sachverständigen propagierte Modell hat folgende Schönheitsfehler:

1. Die Unternehmen werden gezwungen, Kosten zu reduzieren, in dem sie Arbeit durch Kapital substituieren. Statt drei Hausmeister zu beschäftigen, die den Hof kehren, wird nur noch eine halbe Stelle eingerichtet, auf der ein einziger Mitarbeiter dieselbe Arbeit mit einer Kehrmaschine erledigt, deren Kaufpreis die Kosten einer halben Stelle ausmacht.

2. Die Orientierung an den durchschnittlichen Zuwächsen der Produktivität benachteiligt die Mitarbeiter, die diesen Durchschnitt nicht erreichen können. Ihre Arbeit wird zunehmend unwirtschaftlich und sie werden entlassen.

3. Die Zusammenfassung in Branchen und Regionen durch den Flächentarifvertrag führt dazu, dass Unternehmen, die etwa aufgrund der hohen manuellen Anteile die Produktivitätszuwächse nicht erreichen können und deshalb aufgrund des Flächentarifvertrags mit erheblichen Kostensteigerungen kämpfen müssen.

4. Menschen, die nicht über die Ausbildung verfügen, die doppelte Belastung von Produktivitätszuwachs und den überproportional steigenden Arbeitskosten (aufgrund der Arbeitsproduktivität) zu erwirtschaften, mussten aus dem Arbeitsprozess ausscheiden.

Die meisten deutschen Unternehmen sind auf Märkten tätig, die von den Basisinnovationen des 19. Jahrhunderts bestimmt sind. Dem Automobil oder dem Maschinen- und Anlagenbau. Fabriken, die etwa MP3 – Player herstellen oder auch die gewinnbringende Handy-Produktion gibt es bei uns nicht. Das kann wohl kaum nur an den Arbeitskosten liegen. Schliesslich machen nach Angaben des erfolgreichen amerikanischen Mobiltelefon – Fabrikanten Motorola, der 1998 (?) in Schleswig-Holstein ein Werk eröffnete, die Arbeitskosten nur etwa 5 – 10 % der Herstellkosten eines Mobiltelefons aus.

Der Fall BenQ-Siemens zeigt vielmehr, dass es Missmanagement ist, dass dazu führt, dass neue Unternehmen, neue Produkte und neue Märkte in Deutschland nicht Platz greifen. Schuld ist nicht Herr von Pierer oder Klaus – Gehaltserhöhung – Kleinfeld. Sondern schuld ist eine risikoaversive Unternehmensstruktur, die die Leidkultur der Leitenden Angestellten hervorgebracht hat: Wer nichts entscheidet, macht nichts falsch. Und wer nichts falsch macht, wird befördert.

Als erfolgreiche spätindustrielle Gesellschaft haben wir uns auf ein konsensorientiertes Kartell der Besitzstandswahrer konzentriert, das neue Unternehmen, schnelle Entscheidungsrisiken und Menschen, die neue Chancen suchten aussen vor liess.

Noch geht es unseren Armen vergleichsweise gut. Wer den Besuch der Inspektoren von ARGE und Sozialamt schon bei RTL2 oder in ähnlichen Reportage-Formaten besichtigt hat, der weiß, daß im Kinderzimmer der neuen Armen ein Buch, ein Kleiderschrank oder im Wohnzimmer ein ansehnliches Wohnzimmer Mangelware sein mag. Fernseher, DVD-Recorder und PC sind aber in der Regel in vielen Räumen mehrfach vorhanden und dienen der Kurzweil. In der neuen Unterschicht wächst die Zahl derjenigen, die nicht mehr ordentlich deutsch in der Schule gelernt haben und keine Chance auf einen Ausbildungsplatz hatten, weil beim Einstellungstest die Grundrechenarten nicht abgerufen werden konnten. China und Indien bilden mehr Ingenieure aus wie die Hochschulen der europäischen Union. Aber neben den Parallelgesellschaften, des versagenden Bildungssystems und dem Eingeständnis, dass das duale System, eine Bildungsform des Mittelalters im Inforamtionszeitalter nicht die Last der Ausbildung alleine tragen kann, braucht es ein neues Grundverständnis in der Gesellschaft: Dass wer wagt, gewinnt und dass diejenigen angesehen werden, die die Chance nicht nutzen konnten und am Risiko gescheitert sind.

Wir brauchen eine neue Grundversorgung, etwa das altbekannte Bürgergeld mit einer negativen Progression (je mehr ich verdiene, desto mehr vom Sozialtransfer muss ich zurückgeben), eine steuerfinanzierte Finanzierung der Sozialtransfers, die alle Einkommen beteiligt, eine so erzeugte Halbierung der Sozialversicherungsbeiträge, ein modernes Steuerrecht und die Chance nach einem unternehmerischen Fehlschlag binnen kurzer Zeit wieder ins Wirtschaftsleben zurück zu kehren. Das alles gibt es längst: Nur nicht bei uns.

Thursday, October 12, 2006

Stasi-Hagen, Quoten-Struwe und die Margarine

Es ist nicht völlig unbekannt von Christian - Slalom - Neureuther und Gold - Rosi Mittermaier, dass diese sich auch im Sinne der Volksgesundheit in jedem Fall aber auch gegen Bares gerne verdingen, wie im Fall des Becel-Deutschland-Walks, in dem sie altersaffine Zeitgenossen nicht nur durch strammes Nordic-Walking sondern auch durch umfangreichen Verzehr der gleichnamigen Magarine zur vermeintlich gesundheitsfördernden Reduzierung der Colesterin-Werte zu bewegen suchen.

Dank kreativer PR-Strategen fand der landesweite Event umfangreiche Beachtung insbesondere im Bayerischen Fernsehen aber auch anderen Kanälen, die von der Zielgruppe genutzt werden, nämlich denjenigen, die über 49 Jahre alt sind und bevorzugt die Service-Strecken von ARD und ZDF wie etwa Morgenmagazin, "Volle Kanne", ARD-Buffet und die entsprechenden Nachmittagssendungen der dritten Programme nutzen, wenn sie nicht der Verfolgung des durch das Grungesetz garantierten Auftrags zur Grundversorgung durch sogenannte Telenovelas wie "Julia - Wege zum Glück" folgen.

Dass Becel dabei offensichtlich die entsprechende Berichterstattung durch sogenanntes "Themen-Placement" mit "Produktionskostenzuschüssen" bezahlte, wirft ein ranziges Licht auf die Angelegenheit. Skandal möchte man schreien, nachdem man gerade erfahren hat, dass der über das VW-Gesetz in Staatskontrolle befindliche Automobilhersteller Audi das Erscheinen seiner Produkte bei ZDF- Thomas Wetten Dass Gottschalk mit einem ordentlich einstelligen Millionenbetrag sponsert.

Da mag es Hagen Stasi Boßdorf merkwürdig erscheinen, dass er ausgerechnet über die Bewerbung von Margarine schlittert, während die Intendanten der ARD bisher nichts aber auch gar nichts von einer Vertragsverlängerung abhalten konnte. Nicht die Tatsache, dass er als geborener DDR-Bürger seinen Geschlechtstrieb zu einer westlichen Göttinger Studentin ausreichend in den späteren Stasi-Archiven zwecks Anwerbung als Botschafter des Friedens dokumentierte und seither gerichtsnotorisch auch öffiziell als "Inoffizieller Mitarbeiter" der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik tituliert werden darf. Auch nicht, dass er ein Sponsoring des mittlerweile doping-geschwächten Rennrad-Teams des staatsmonopolistischen deutschen Telekom-Konzerns durch den Gebührenzahler arrangierte und dem ebenfalls zum zweiten Mal unlauterer Mittel verdächtigen Einmal-Ganz und diverse Male fast Tour de France Sieger Jan Doping Ullrich ein ordentliches Handgeld von 200.000 € ebenfalls aus Gebührenmitteln zahlte, damit dieser sich aus dem rigiden Griff des Teams Telekom (später T-Mobile) nach Etappensieg und Ziellinie befreite und entgegen des Willens seines Teamchefs an ein Mikrofon der ARD tritt, um ein gewöhnliches Interview zu geben (pro Jahr nur nicht pro Interview). Dabei sprang dann - das sollte man fairerweise sagen - auch noch ein PR-Termin im Tigerentenclub heraus, den seine Teamleitung schon alleine deshalb verhindert hätte, um den Hauptsponsor zu brüskieren. Nicht einmal die Tatsache, dass Boßdorf gelegentlich gegen ein bestimmt nicht unordentliches Honorar bei Veranstaltungen der Magentafarbenden Staatsbeteiligung als "Moderator" auftrat, erschütterte die Nibelungentreue der Intendanten der ARD. Vielleicht liess sich aus den 7 MRD € alljährlicher Gebühreneinnahmen der öffentlich-rechtlichen einfach kein ordentliches Gehalt finanzieren, so dass Boßdorf wie seine Kollegen Beckmann, Kerner oder Gottschalk dringend auf einen Zuverdienst angewiesen war.

Das fand auch Günther ARD Struwe, der uns als maßgeblicher Programmverantwortlicher von Jürgen Pfarrer Fliege am alltäglichen Nachmittag befreite und den öffentlich-rechtlichen Gebührenanspruch durch die Telenovela "Sturm der Liebe" zu quotieren. Struwe hatte die Verantwortung für die Geldleistungen an Doping-Ulle übernommen, der daraus leicht sein frisches Blut für die Tour de France finanzieren konnte, um gegen einen Chemo-gestählten Lance Armstrong zu unterliegen. Struwe holte die Bundesliga zurück in die Sportschau, weil darüber bestimmt niemand von den Privaten berichtet hatte und zahlte einen Preis an die Deutsche Fussball Liga, den sich die kapitalistischen Medienutnernehmen nicht mehr leisten konnten. Nachdem das aus dem bescheidenen Budget nicht zu finanzieren war, platzierte man - auch um den Programmauftrag zu genügen - eine Kurzausgabe der Tagesschau mitten in die Fussballberichterstattung, um die Sendezeiten für Productplacement, Sponsoring und Werbung zu vervielfachen.

Mitte September hatte die Intendanten den Vertrag des die Pensionsgrenze erreichten Struwe verlängert und auch Hagen Stasi Boßdorf eine solche Verlängerung um 5 Jahre angeboten. Der frühere ARD - Intendant und Bericht aus Bonn Chef Friedrich Nowotny nannte die von Struwe verantworteten Bulle-Verträge schlicht sittenwidrig, also einen Kündigungsgrund. Nachdem sich der Chor der Gebührenzahler echauffierte, der ja auch um den gemeinen PC-Besitzer erweitert wird, entschloss man sich nun, das Bauernopfer Boßdorf über den rutschigen Margarine-Film zu entsorgen, nachdem die ARD-eigene "Programmbeobachtungsstelle gegen Schleichwerbung" (die gibts wirklich) auf die fehlende Trennung von Programm und Inhalt hingewiesen hatte, die bei den Hinweisen auf diverse Gewinnspiele im ARD - Programm selbstverständlich nicht gegeben ist. Struwe darf ein Jahr länger bleiben.

Nichts dagegen, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk Programme herstellt, die es bei den Privaten nicht finanzieren lassen, fundierten Journalismus bietet und auch mit populären Formaten Zielgruppen bedient, die nicht "werberelevant" sind, wie etwa die (furchtbare) volkstümliche Musik, die bei RTL und SAT 1 nicht gezeigt wird, weil die durchschnittlichen Zuschauer zu alt für die Werbekunden sind, oder wie der Dieter EX RTL Thoma einmal behauptete, der Hauptteil der Werbezeiten mit dem Hinweis auf Beipackzettel und Nebenwirkungen vertan wird. Aber muss es dafür 7 Mrd € geben ?

Ist es nicht vielmehr so, dass das Gestrüpp von Rundfunkanstalten, Gemeinschaftsprogrammen, Parteibüchern und Aufsichtsgremien eine Eigendynamik gefunden hat, die wie ein Krake immer weiter um sich fasst ? Und würde nicht ein nationales "Inforadio" mit regionalen / Lokalen Fensterprogrammen reichen, statt pro Anstalt je eines zu produzieren.

Stasi Boßdorf fällt übrigens weich. Zunächst darf er weitermachen. Ein gutes halbes Jahr läuft der geschlossene Vertrag noch. Auch danach wird der Mann nicht arbeitslos. Ob der ehemalige ORB-Sportchef bei der verbrieften Rückkehr zum fusionierten RBB einen Schreibtisch im Archiv erhält oder in der Redaktion des von ihm weggemobbten Sportreporter Seppelt, der sich des Themas Doping zu kritisch angenommen hätte, ist nicht bekannt. Auch ob sein Salär dann wieder unter den Bundesangestelltentarif fällt und der Dienstwagen noch gewährt wird, ist ungewiss. Der Umzug nach Potsdam oder Berlin ist nun unvermeidlich. Aber der Mann fällt nicht ins Bodenlose. Zum Glück.

Monday, October 02, 2006

Freiheit oder Demokratie ?

Freiheit oder Demokratie !

Joseph Stiglitz, ehemaliger Chefökonom des International Monetary Funds (IMF) und Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften hat ein neues Buch geschrieben, in dem er eine ernüchternde Bilanz der Zunahme der Verflechtung der Weltwirtschaft zieht. Die Arbeitslosigkeit hat nach einer Untersuchung der internationalen Arbeitsorganisation weltweit zugenommen, die Unterschiede in den einzelnen Ländern zwischen hohen und niedrigen Einkommen auch, kurz: die sogenannte Globalisierung habe zwar zur Steigerung des Bruttosozialproduktes geführt, nicht aber zu einer Verbesserung der Lebensumstände der meisten Menschen insbesondere in den „Entwicklungsländern“. Als wesentlichen Grund führt er ein „Demokratiedefizit“ etwa in der Weltbank oder dem IMF an. Es führt seiner Ansicht nach dazu, dass die Industriestaaten die „Entwicklungsländer“ zwingen, eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die zur Rückzahlung der durch die Industriestaaten gewährten Kredite führt und nicht eine nachhaltige Entwicklung in diesen Ländern unterstützt.

Der Mann irrt gewaltig. Hätte er Recht, so wäre der Verzicht auf diese Rückzahlung der G8 Staaten auf dem Kölner Gipfel 1998 schon die Initialzündung für den Aufbruch ins Paradies gewesen.

Betrachten wir zunächst einmal die Qualität der Entscheidungsprozesse in internationalen Organisationen, die demokratisch organisiert sind. Die Vereinten Nationen etwa müssten nach seiner Hypothese weise Entscheidungen am Fließband treffen und auch eine Reform des noch undemokratischen Weltsicherheitsrates, der die Machtverhältnisse nach dem zweiten Weltkrieg und das Gleichgewicht des Schreckens zwischen den sozialistischen Diktaturen und den freiheitlich verfassten Demokratien des Westens abbildet, hätte aus Vernunftgründen innerhalb der UN eine Mehrheit finden.

Und auch die World Trade Organization (WTO), die sich in der DOHA – Runde fortgesetzt um eine Liberalisierung der Weltwirtschaft bemüht, müsste qualitativ bessere Ergebnisse für die Mehrheit der Staaten – die „Entwicklungsländer“ – erbringen, nämlich eine Reduktion der Zölle und Handelsbarrieren für deren Produkte. Das Gegenteil scheint der Fall, weil die USA und die EU sich schlicht weigern, ihre Protektion insbesondere der Landwirtschaft aufzugeben, weil sie in ihren eigenen Ländern Unruhen aber vor allen Dingen massive Stimmverluste bei demokratischen Wahlen befürchten müssten.

Demokratie auf zwischenstaatlicher Ebene übersieht auch den Unterschied zwischen Menschen- und Völkerrecht. Zwar sind die Regierungen etwa des Libanon oder der palästinensischen Autonomiebehörde demokratisch zustande gekommen, weil Terrororganisationen wie Hamas oder Hisbollah grosse Stimmenanteile erhielten. Auch die Wahlen im Iran sind demokratisch zustande gekommen, nachdem ein weiser religiös motivierter Ältestenrat unliebsame Kandidaten vor dem Urnengang aussortiert hatte. Der Russische Präsident ist demokratisch gewählt, aber verleiht ihm das das Recht ein Nachbarland wie Georgien in Geiselhaft zu nehmen oder einen ganzen Konzern wie Yukos auseinander zunehmen und dessen Eigner in Sibirien zu internieren, weil dieser möglicherweise gegen ihn antreten will ? Und wie sieht es mit Ländern wie Zimbabwe, Saudi-Arabien, Lybien oder Weissrussland aus, wo von Demokratie nicht die Rede ist und die herrschende Schicht die Regierung stellt, die dann in den Organisationen der Weltwirtschaft wie bisher die Interessen ihrer Minderheit und nicht des eigenen Landes vertreten kann. Wieviel demokratische Staaten gibt es in Afrika ? Aber vor allen Dingen, wie viel freiheitliche Rechtsstaaten, in denen das Eigentum des kleinen Mannes so geschützt ist, dass er bei der Bank eine Hypothek auf seine Hütte aufnehmen kann, um einen neuen Pflug oder eine Nähmaschine für seine heimarbeitende Frau zu kaufen ?

Auch Stiglitz Analyse vom Versagen der Globalisierung trifft nicht zu. Die Einkommensunterschiede in einem Land sagen nichts über das Wachstum von Einkommen aus, sondern nur über die unterschiedliche Geschwindigkeit, mit der diese Einkommen zunehmen. Auch wenn das Einkommen des Fabrikbesitzers doppelt so schnell wächst, wie das des Arbeiters, kann das Einkommen des Arbeiters wachsen. In Estland z.B. sind seit Beginn der Neunziger Jahre die Einkommen um 100 % gestiegen. Ausserdem stellt sich natürlich die Frage nach dem Grund für dieses unterschiedlichen Wachstum. Liegt er in den Folgen der weltwirtschaftlichen Verflechtung begründet oder in der Tatsache, dass das Fehlen eines freiheitlichen Rechtsstaates in diesen Ländern Korruption und Unterdrückung möglich macht. Und wie ist es mit dem Einfluss von Ländern, die ihr Einkommenswachstum und die Einbindung in die Weltwirtschaft lediglich der Förderung und des Importes von Rohstoffen verdanken. Wie Russland oder Saudi-Arabien zeigen, ist dies gewiss einer gleichmässigen Einkommensverteilung so wenig förderlich, wie der Einhaltung der Menschenrechte.

Auch die absolute Höhe der Arbeitslosigkeit oder deren prozentuales Wachstum sagt letztlich nichts über den Erfolg oder Misserfolg der „Globalisierung“ aus. Großbritannien etwa hat Mitte der Achtziger Jahre den Zusammenbruch der bis dahin subventionierten Kohle- und Stahlindustrie und den Untergang der eigenen Automobilindustrie hingenommen, was spontan zu erheblichen Zunahmen der Erwerbslosenquote führte. Am Ende der Regentschaft Margret Thatchers herrschte dann annähernd Vollbeschäftigung, weil nunmehr Toyota und Honda England, Schottland und Wales als idealen Produktionsstandort entdeckten und sich neue, zukunftsweisende Industrien entwickelten.

Blickt man auf Osteuropa, Südostasien oder Südamerika, so bietet sich ein anderes Bild an. In Ländern, in denen aufgrund der Leistung des eigenen Volkes (nicht aufgrund des Exportes von Rohstoffen) die Einbindung in die Weltwirtschaft wächst, wachsen strukturell auch die Freiheit und die Menschenrechte. Diese Entscheidungsfreiheit ist deshalb nötig, weil nur sie die ausreichende Flexibilität ermöglicht, um an entsprechenden Prozessen schnell genug teilzunehmen, eben zu entscheiden welche Güter hergestellt werden sollen und für welchen Preis sie an welchen Abnehmer geliefert werden sollen. Demokratie ist in solchen Rechtsstaaten eine Folge der so gewonnenen Freiheit, weil immer mehr Menschen, die über ihr eigenes Leben und wirtschaftliche Güter frei verfügen dürfen, auf Dauer an politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen teilnehmen wollen.

Vor zwanzig Jahren war etwa die Landkarte Südamerikas voll von Diktaturen. Heute ist lediglich Kuba übrig geblieben. Vor vierzig Jahren tobte in Südostasien der Vietnamkrieg und die kommunistischen Vietkong (?) veranstalteten unter der eigenen Bevölkerung Völkermord und Massaker. Heute beginnen diese Länder sich in die Weltwirtschaft zu integrieren.

Freiheit und Wohlstand wachsen nicht linear auf der Welt. Sondern in Wellenbewegungen, Auf und Ab, Vor und zurück. Ihre Grundlagen sind nicht zuvorderst materieller Wohlstand und eine wie immer geartete ideale Einkommensverteilung. Sondern der Zugang zu Wissen und Bildung, um die Qualität der eigenen Leistung steigern zu können und in der Lage zu sein, die Richtigkeit von Entscheidungen beurteilen zu können. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus einer selbst verschuldeten Unmündigkeit“, wie Kant einmal schrieb. Das wird im besten Hayekschen Sinne ein Prozess zur Entwicklung einer spontanen Ordnung.

So wie die drohende Völkerbewegung von Ost nach West am Ende des letzten Jahrhunderts West-Europa zwang, seine Grenzen für die Güter und Waren des Ostens zu öffnen, wird die drohende Völkerwanderung aus Afrika uns zwingen, auch den verbliebenen isolierten Kontinent an der wirtschaftlichen Verflechtung der Welt teilhaben zu lassen. So werden wir Agrarerzeugnisse aus diesen fruchtbaren, von der Sonne verwöhnten Regionen beziehen, statt Bergbauern zu subventionieren und unseren subventionierten Weizen beim Erscheinen der durch uns mit verursachten Hungersnot zu schicken.

Die Diktaturen haben deshalb auf Dauer keine Chance. Auch der Versuch, ihren Machtanspruch mit der islamischen Religion zu verbrämen, wird auf Dauer nicht fruchten, weil auch diese Religion ihre Aufklärer finden wird, die den Menschen erlauben werden, sich zu bilden.

Deshalb irrt Stiglitz auch, wenn er eine Zunahme der Entwicklungshilfe als Möglichkeit sieht, den Wohlstand in solchen Regionen anzukurbeln. Weil er damit nur die Ungleichheit der Einkommen fördert und nicht das wirtschaftliche Wachstum. Die palästinensische Selbstverwaltungsbehörde erhält von der europäischen Union seit 1995 Milliardenbeträge, mit der sie sich deFacto vollständig finanziert, wie deutlich wurde, als die EU die Zahlungen stoppte, weil die neue HAMAS Regierung Israel nicht anerkennen wollte. Diese Finanzierung hat die Palästinenser vielleicht am Leben erhalten. Mehr nicht. Aber sie hat der Frau von Yassir Arafat ebenso lange erlaubt, als Dauergast in einer Suite im Pariser Luxushotel Ritz zu logieren, weil ihr die steten Stromausfälle nicht zuzumuten waren.

Nein. Nicht die mangelnde Demokratie in den internationalen Organisationen und zu geringe Entwicklungshilfe sind schuld daran, dass immer noch zu wenig Länder insbesondere des Nahen Ostens und Afrikas wirksam in die Weltwirtschaft integriert sind. Sondern die mit dieser Entwicklungshilfe finanzierte Korruption, die mit dieser Entwicklungshilfe finanzierten Diktaturen, die Subventionen der Güter der Industriestaaten und die Zollbarrieren, die uns auf Dauer nur die Flüchtlinge bringen und nicht ihre Güter.

Der Spiegel berichtete unlängst von einem Afrikaner, der nach einer jahrelangen Odysee durch Afrika nach Europa gelangte und nun in Spanien als legaler Einwanderer seit mehr als 10 Jahre getrennt von seiner Frau und seinen mittlerweile erwachsenen Kindern lebt, die er in dieser Zeit nur einmal durch ein Gitter zu sehen bekam, weil er gezwungen war, hier die 200 € pro Monat zu verdienen, die er dort nicht erwirtschaften konnte, um seine Familie am Leben zu erhalten und das Studium seiner Kinder zu finanzieren. 200 € !