Sunday, November 26, 2006

"Wo ist der Deinhard !"

Karl Laumann ist eine ehrliche Haut. Der bodenständige, münsterländische Katholik und Vorsitzende der CDU-Sozialausschusse fuhr aus seiner ehrlichen Haut: Ein aufrechter Arbeiter (wie er selbst) solle für vierzig Jahre ehrliche Arbeit mehr Geld aus der Arbeitslosenversicherung erhalten, als ein nichtstuender 25 jähriger Säufer."

Der Bundespräsident hatte sich gegen den Vorschlag von Laumann und seinem heutigen Chef, Norbert Rüttgers ausgesprochen und auf den Unterschied zwischen Spar- und Versicherungsprinzip hingewiesen.

Rüttgers erwähnte süffisant, der Bundespräsident habe sich in die Tagespolitik eingemischt. Ihm (Rüttgers) stehe es aber natürlich fern, diesen zu kritisieren. Er Rüttgers sei aber mit 80 % der Deutschen einer Meinung: Leistung muss sich lohnen. Punkt.

Schliesslich soll es in Deutschland wieder "gerecht" zugehen. So einfach ist das. Und so falsch.

Rüttgers Club will wieder die traditionelle Sozialpolitik einführen, die in Deutschland seit Ende der Sechziger Jahre betrieben wird. War es Ludwig Erhard darum gegangen, im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft dafür zu sorgen, dass jeder Mensch genug zu essen und ein Dach über den Kopf hat, ging es schon den ersten Großkoalitionären 1967 um Globalsteuerung und Moral Suasion und vor allem um das, was sie soziale Gerechtigkeit nannten:

Einkommensumverteilung und soziale Wohltaten wurden stets mit diesem Argument unmantelt. rund 700 Mrd € verteilt der Sozialstaat heute um, durch die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe wurden die möglichen Transferleistungen in Deutschland um eine auf 157 reduziert. Mit ihr wuchs die Arbeitslosigkeit und die Beschäftigung in der Sozialbürokratie. Alleine die Bundesagentur für Arbeit beschäftigt 90.000 Menschen, die meisten von ihnen (früher 80.000) in der Verwaltung.

Würde man das Sozialbudgets Deutschland auf die 2 Mrd Menschen auf der Welt verteilen, die weniger als zwei Euro im Monat als Einkommen zur Verfügung haben, so würden deren Einkommen auf 32 €, also um das 15-fache steigen.

Das macht eigentlich deutlich, was für einen Luxus-Sozialstaat wir uns trotz aller Lamentiererei leisten.

Rüttgers und Laumanns Ausfall machen eins deutlich: Soziale Gerechtigkeit ist ein Optimierungskriterium zur Stimmenmaximierung in der politischen Mengenlehre.

Junge saufende Nichtstuer, die Arbeitslosengeld beziehen, wie Laumann meint, gibt es nämlich gar nicht. Geld aus der Arbeitslosenversicherung bekommt nur derjenige, der vorher auch einbezahlt hat. Und wenn man nichts tut, arbeitet man nicht, hat kein Einkommen und zahlt auch nicht ein. Und wen es nicht gibt, der kann Laumanns CDU auch nicht wählen.

Die blasse Blondine mit den Model-Maßen etwa, die auf einem Empfang das brachliegende Schlagzeug enterte, das Trommelfell (nicht nur des Schlagzeugs) mit einem "Wirbel" bis zum Bersten malträtierte um dann in die Runde zu rufen: "Wo ist der Deinhard".

Nicht im Rüttgers Club.

Tuesday, November 21, 2006

Die letzten Verfechter des Wettbewerbs

Lucas Zeise weist heute in der Financial Times Deutschland eine Intervention der Europäischen Gemeinschaft gegen die öffentlich-rechtlichen Banken (auch bekannt als Sparkassen) zurück und verweist auf eine Tagung, die deren Vorteilhaftigkeit unter Beweis stellen. Die Privatbanken seien nur sauer, weil sie den Wettbewerb mit den Gewährträgerverhafteten nicht bestehen würden.

Weit gefehlt. Der Mann hat wohl den Zusammenbruch der Berliner Bankgesellschaft nicht mit bekommen. Im spekulativen Wiedervereinigungstaumel wollte die öffentlich-rechtliche Landesbank einen grosses Stück aus dem grossen Kuchen der boommenden Immobilienfinanzierung herausschneidenden, deren stark steigende Preisen auf der Blase der 50 %igen Sonderabschreibungen beruhten, mit denen die westdeutschen Zahnärzte ihre Steuerpflicht und später auch ihr Vermögen halbierten.

Um mitzuhalten, wurde die Bankgesellschaft gegründet, die im Zuge der wundersamen Buchgeldvermehrung zusätzliche Mittel erhielt, um ihre Töchter Berliner Bank, Sparkasse, Landesbank und BerlinHyp mit ausreichend Liquidität zu versorgen.

Das Vorstandsmitglied Landowsky versorgte nebenher ein paar spendende Parteimitglieder mit einem Darlehen für den Großeinkauf für Plattenbauten und allerlei Lokalprominenz mit märchenhaften Anlagen, die gleichzeitig die Finanzierung der Spekulation sicherstellen sollten (mit Garantieverzinsung und auch ansonsten märchenhaftgen Konditionen). Als Vorsitzender der CDU-Fraktion in einer grossen Koalition sorgte er auch dafür, dass der kleine Partner SPD dabei nicht zu kurz kam.

Zu kurz kam der Berliner Steuerzahler, als die Spekulationsblase platzte, zweistellige Milliardenbeträge fällig wurden, um die Luxusanleihen zu begleichen und das industriepolitische Spielzeug der Politik zu erhalten. Sie sind der wesentliche Grund für die Haushaltsnotlage der Hauptstadt und während Zins und Tilgung bei den "Besserverdienenden" gezahlt werden, fehlt für Schulen und Kindergärten, Feuerwehrautos und eine ausreichende Besetzung des Polizeiposten Neukölln das Geld.

Auch die WestLB, mit der der heimliche Herrscher über NRW, Friedel Neuber Strukturpolitik betrieb, hat eine ähnliche Geschichte. Als ihr das Geld ausging, schenkte ihr das Land NRW einfach mal sein Wohnungsvermögen.

Die Gewährträgerhaftung ist zwar scheinbar abgeschafft, sie besteht tatsächlich aber weiter. Die Gebietskörperschaften, die eine Sparkasse tragen, stehen mit Haut und Haar für deren Geschäfte ein. Also die Bürger. Die Gewinne fliessen in eine Stiftung, die dem Bürgermeister einen veritablen Schattenhaushalt verschaffen, rechtzeitig vor dem Wahltermin kann er den Taubenzüchterverein und den Kegelclub bedenken.

Nein, die EU-Kommission hat recht: Die Sparkassen gehören verkauft. Damit könnten viele öffentliche Haushalte schuldenfrei gestellt werden.

Thursday, November 02, 2006

Die neue Sprachverwirrung im politischen Denken (I)

„New weapons for New Democracy“ gibt sich eine neue Plattform mit altbewährten Kämpen, die sich an den liberalen Club wendet. Nun denn willkommen liebe Freunde, deren einzelne Blogs wir gerne konsumieren. Sie ist bereits explosionsartig gefüllt mit Dingen, die sich mit vielem beschäftigen, nur nicht mit der modernen Demokratie. Und das ist gut so.

Die liberale Szene läuft Gefahr sich zu zerfasern. Noch eine Autorenvereinigung, die nicht viel Anderes schreibt, als die bereits eingeführten und letztlich so etwas wie eine Fortsetzung der bereits bekannten Schauplätze für den Kampf gegen Intoleranz und Unfreiheit, die wir alle kennen. Da fällt mir Karl Valentin ein: „Alles wurde schon gesagt. Nur nicht von allen.“ Es braucht neue Facetten, neue Aspekte, neue Themen, ohne die alten zu vernachlässigen.

Paul 13 und Michael Holmes erlauben sich in mit dem Gründungsmanifest (ganz unten) einen - vermutlich versehentlichen -intellektuellen Schnitzer, auf den schon der Namen schliessen lässt. Er ist zu entschuldigen, weil er landläufig ist und mit den Begriffen und dem alltäglichen Sprachverbrauch zu tun hat. Aber wer bloggt, sollte genau sein in der Sprache. Und deshalb habe ich diesmal bei good old F.A. – erzliberal – v. Hayek den Titel eines bemerkenswerten Aufsatzes für diese Bemerkung entlehnt, der schon in den Freiburger Studien (1969 erschienen)ein Phänomen behandelt , das unserem beiden Mitstreitern zu schaffen macht. Unter dieser Überschrift wird auf dieser Seite in loser Folge eine Serie entstehen, die immer wieder darstellen wird, wie die Verwendung falscher Begriffe fatale Folgen für die Analyse der bestehenden Verhältnisse hat.


FREIHEIT ODER DEMOKRATIE

„Demokratie ist das schlechteste System, das es gibt, aber ich kenne kein besseres“ so wird Churchill immer zitiert. Seine Äußerung wird als ironisch missverstanden, dabei war es ihm bierernst. F.A. von Hayek hat das seltene Glück, von einem Sozialdemokraten zitiert zu werden. Hayek, so der damalige Partei- und Fraktions- vorsitzende Franz SPD Müntefering zur Oppositionsführerin Angela Mädchen Merkel, sei kein Demokrat. Das ist so richtig wie falsch. Denn der Mann gibt im Zweifel der Freiheit den Vorrang vor der Mehrheitsentscheidung. Die Merheit ist kein Garant für die Richtigkeit einer politischen Entscheidung und je mehr Entscheidungen demokratisch getroffen werden, desto geringer ist die individuelle Freiheit und die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Da kann die Demokratie noch so modern sein.


MARKTWIRTSCHAFT ODER KAPITALISMUS

Es ist ein später Sieg des Marxismus, dass wir uns immer noch seiner Terminologie bedienen. Der sprachlichen Unschärfe folgt meist die im Denken. Deshalb nach Marx: Kapitalismus ist das niedere Entwicklungsstadium in einer Gesellschaft, in der das Kapital die anderen beiden Produktionsfaktoren, insbesondere den der Arbeit, ausbeuten und so einen Profit einheimsen, der ihm (nach Marx) gar nicht zusteht. Auf dem Weg zum messianischen Zeitalter des Kommunismus gab es dann noch den Sozialismus zu entwickeln, der nach der Diktatur des Proletariats die Hindernisse der Realität auf dem Weg zum neuen Menschen beseitigt. Die Ergebnisse der entsprechenden Versuche in der Realität sind bekannt.

Die stete Diskussion um explodierende Unternehmensgewinne und steigende Managergehälter zeigt immer wieder, dass es nicht nur eine missbräuchliche Verwendung des Begriffs ist, der in den Köpfen herumspukt. Profit ist eigentlich unsittlich und wer den Gewerkschaftsführern und der von ihnen organisierten und finanzierten Linkspartei zuhört, weiss warum. Weil er auf dem Rücken der und mit der Leistung der Arbeiterklasse erwirtschaftet wird. Wenn man die Unternehmen schon nicht enteignen kann, dann doch wenigstens ihre Gewinne.

Kapitalismus ist eine falsche Bezeichnung für eine freie Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Marktwirtschaft die richtige. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass alle wesentlichen Entscheidungen und Prozesse durch Wettbewerb entstehen und nicht durch Zwang, auch wenn der durch demokratische Entscheidungen begründet sein muss. Eine solche Marktwirtschaft braucht einen freiheitlichen Rechtsstaat, in der die Freiheit des Schwachen vor dem Starken und das Privateigentum geschützt sind, um überhaupt darüber verfügen zu können.


Wir brauchen freiheitliche Rechtsstaaten mit einem funktionierenden Gewaltmonopol, das die Freiheit der Bürger schützt. In Deutschland, in Europa, im Nahen Osten und gerade in Afrika. Freiheit ohne Demokratie ist schwer vorstellbar. Demokratie ohne Freiheit aber eben schon. Ein demokratisch legitimiertes Parlament hat Adolf Hitler zum Reichskanzler gewählt, Russland ist zwar demokratisch, wenn man aber die politischen Gegner des derzeitigen Regenten danach fragt, ob es sich um einen Rechtsstaat handelt, dürfte es einige Zweifel geben, wenn sie sich nicht ohnehin auf Moskauer Friedhöfen oder in sibirischen Straflagern aufhalten. Die iranischen Präsidentschaftswahlen sind so demokratisch wie die alljährlichen Sitzungen im Volkskongress der mit dem gleichen Attribut versehenen Republik China. Und auch Hisbollah und Hamas haben ihr Mandat einem demokratisch legitimierten Mandat zu verdanken.

Die Schnittmenge von Marktwirtschaft und freiheitlichem Rechtsstaat ist der Wettbewerb. Er maximiert das in einer Gesellschaft vorhandene Wissen und sorgt für die Entdeckung neuen Wissens. Und sorgen so für eine große Teilhabe in der gesamten Bevölkerung am Wohlstand.

Deshalb war Anstoss zu nehmen an den gesetzten Prioritäten.