Thursday, August 31, 2006

Die 450 guten Seiten der Gesundheitsreform

Ulla Schmidt ist nicht zu beneiden. Von den 500 Seiten des Entwurfs einer Gesundheitsreform, die ihre Referenten eifrig zusammen geschrieben haben, sind 450 gar nicht so schlimm. Und deshalb ärgert sie sich, dass nur über die 50 unvorteilhaften Seiten heftig debattiert wird. Und deren Nebenwirkungen lassen sich beseitigen. Wodurch ? Richtig: Durch eindeutige gesetzliche Regelungen, wie sie sagt. Neue Seiten. Mehr Seiten.

Weil es so viele Seiten gibt, heisst das parlamentarische Beratungsverfahren "Lesung". Lesen alle rund 600 Abgeordneten alle 600 Seiten. Oder nur jeder eine. Was machen die 100 Abgeordneten, für die keine Seite mehr übrig ist. Dafür gibt es die zweite und die dritte Lesung. Und Gegenentwürfe, Änderungsvorschläge von Lobbyisten, Fraktionen und der Regierung. So kriegt jeder seine Chance auf die Seite.

Denn die Durchführungsverordnungen, die Bund und Länder erlassen werden, um die guten Seiten der Reform zu fördern, werden neue Seiten gebären, die Verträge und Protokolle der Monopolisten, die diese Reform und Gesetze zum Gegenstand des Handelns von Kassenärzten und Krankenkassen machen kommen hinzu. Und zu guter letzt kann sich Ulla Schmidt freuen.

Es handelt sich ja nur um ein Änderungsgesetz. Abertausende Seiten alter Regelungen, Vorschriften, Gesetze, Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften behalten ihre Gültigkeit und beleuchten, wie viele gute Seiten unser Gesundheitssystem hat.

Alles Klar ?

Friday, August 25, 2006

Mindest- oder Kombilohn: Das Ende der Vertragsfreiheit

euckens erbe

Heiko Maass ist mein Lieblingssozialdemokrat. Die aufstrebende Nachwuchskraft, die schon aufgrund ihres Alters frei von jeder Lebenserfahrung ausserhalb des Politikbetriebs ist ( er war so erfolgreich, dass er fast noch unter dem Ministerpräsidenten Lafontaine im Saarland Minister hätte werden können, als dieser noch über soviel Macht verfügte, dass er als ehemaliger Saarbrücker Oberbürgermeister nicht nur bei Rot-Rot sondern auch im Rotlichtviertel Ansehen besass).

Gestern und heute hat er in seinem Blog bei Focus Online mit ungeheurer Frequenz traditionell-sozialdemokratisches Grundsatzprogramm in bester Tradition fabuliert. Da ist von Niedrig- und Normalverdienern die Rede, deren Kinder besser gefördert werden.

Der promovierte Volljurist greift den Volkswirt Steinbrück erst an, als dieser seine Empfehlung zur Einsparung von Urlaubstagen zur Erhaltung des Sozialstaates längst zurückgenommen hat - ein wenig spät.

Ein staatlicher Mindestlohn, so Maass, könne verhindern, dass der Gering- und Normalverdiener seinen jährlichen Mindest- und Erholungsurlaub geniessen könne. Auch hier hat der Rächer der von der Sozialversicherung enteigneten Bevölkerung wieder seine Normal-und Geringverdiener im Auge.

Mittlerweile hat auch der derzeit amtierende SPD-Vorsitzende das Thema aufgegriffen. Auch Kurt Beck meint, dass man, von dem was man verdient, leben können muss. Das leuchtet ein, oder ?

Da stellt sich doch die Frage nach dem Einheitslohn, wenn die Rente des Normalverdieners durch den Mindestlohn garantiert werden soll, den das Bundeskabinett über das Entsendegesetz ja nach der Bauindustrie nun mehr auch für die Gebäudereiniger manifestieren will.

Bisher war die Lohnfindung Sache der Tarifparteien. Das war schon bedenklich, weil es sich bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern um ein Kartell von Arbeitsplatzbesitzern handelt, die die Lohnhöhe an dem Produktivitätsgewinn der Gesamtwirtschaft ausrichteten. Um diesen Produktivitätsgewinn zu erzielen, mussten die Arbeitgeber in der Folge in Produktivitätssteigerung investieren, also in neue Maschinen und Anlagen, die es den Arbeitnehmern in der Folge ermöglichte, mit der selben Arbeitsleistung mehr zu produzieren.

Das Problem bestand darin, dass die Produktivitätssteigerung einzelner Branchen weder auf alle Unternehmen und Arbeitsplätze zutraf noch in allen Branchen und Unternehmen der Volkswirtschaft erreicht werden konnte. Dies gilt insbesondere für den sogenannten Dienstleistungssektor. Wie soll die Produktivität einer Verkäuferin oder eines Busfahrers gesteigert werden ? Trotzdem erhielten sie Einkommensverbesserungen, die sich an der Produktivität aller Unternehmen orientierten.

Produktivitätssteigerungen führten aber auch zu mehr Output. Zu mehr Produkten und Dienstleistungen, die dann aber auch Käufer finden mussten. Das wurde immer schwieriger in einer Volkswirtschaft, deren stärkste Sektoren auf Basistechnologien des 19. Jahrhunderts basieren: dem Automobil und dem Maschinen- und Anlagenbau. Wer auf gesättigten und langsam wachsenden Märkten agiert, gleicht dieses Marktwachstum zunächst mit dem bestehenden Personal aus, bis der Produktivitätszuwachs das Marktwachstum übersteigt. Dann kommt es zwangsweise zu Entlassungen. Und das erleben wir gerade.

An der hohen Arbeitslosigkeit sind also nicht die Politiker von links und rechts schuld, die in ihren wechselnden Konstellationen in den letzten 60 Jahre regiert haben, sondern die Arbeitsplatzbesitzer, die einerseits zu hohe Einkommenssteigerungen erzielt haben. Und zum zweiten die Gesellschaft an sich, die viel zu wenige neue Unternehmen und Produkte hervorgebracht hat, die auf neuen Märkten mit hohem Wachstum hätten abgesetzt werden können, wo man mit der Innovation und nicht dem Preis erfolgreich ist und statt der Kostenführerschaft der Neuigkeitsgrad zählt.

Natürlich wurden in den vergangenen 40 Jahren zunehmend die Arbeitsplätze wegrationalisiert, deren Produktivitätszuwachs nicht mit der allgemeinen Einkommensentwicklung schritthalten konnte.

Und mit zunehmender Arbeitslosigkeit und sinkender Bildung gerade der unteren Einkommensklassen und Bevölkerungsgruppen ohne Einkommen aus Erwerbsarbeit gibt es die Entwicklung, dass etwa Frisöre in Sachsen-Anhalt oder Wachleute in Thüringen einen Stundenlohn von drei oder fünf Euro als Tariflohn erhalten.

Sieben Euro Fünfzig meinen Gewerkschaften, Teile der SPD und Heiko Maass, seien geboten, ein Mindestlohn könne dafür sorgen, dass viele Menschen mit ihrem ehrlich erworbenen Einkommen mehr bekommen als ein Hartz IV Empfänger. Leistung, so meint Beck, muss sich wieder lohnen. Und deshalb hat die Grosse Koalition auch beschlossen, den bereits in der Bauindustrie geltenden Mindestlohn auf die Gebäudereinigungsbranche auszudehnen. Im Herbst will der Bundesarbeitsminister Müntefering weitere Branchen benennen, die in die sogenannte Entsenderichtlinie einbezogen werden sollen.

7,50 Mindestlohn pro Stunde führen bei 40 Wochenarbeitsstunden zu einem Bruttoverdienst von 1290 €. Hinzu kommen für den Arbeitgeber 20 % Sozialversicherungsbeitrag, so dass sich die Arbeitsstunde auf 9 € verteuert. Nur wenn der Arbeitnehmer 9 € durch seine Arbeitsleistung in der Stunde erwirtschaftet, kann der Arbetigeber sich die Beschäftigung dieses Arbeitnehmers leisten. Das sind im Vergleich zu einem Lohn von 4,50 € satte 100 %.

Der Geringverdiener mit Mindestlohn muss dank der Steuerreform der Regierung Schröder keine Steuern zahlen. Aber sein Einkommen überschreitet sowohl die ebenfalls von Rot-Grün eingeführten Grenzen für Minijobs von 400 (keine Sozialversicherungspflicht) und 800 € (progressiv steigende Sozialversicherungspflicht). Mit einem Bruttoeinkommen von mehr als 1200 € ist er vielmehr voll sozialversicherungspflichtig. Neben dem sogenannten Arbeitgeberanteil, der aber an die Arbeitsleistung und das Einkommen des Arbeitnehmers gebunden ist, wird dem Arbeitnehmer der gleiche Anteil vom Arbeitslohn für die Sozialversicherung abgezogen, das macht 1,50.

Das Geschäft macht also die Sozialversicherung: Sie erhält bei einer 40 Stunden Woche und angenommenen 40 % Sozialversicherungskosten 3 € pro Stunde oder rund 500 € pro Monat. Das stopft so manches Loch in der Rentenkasse in der Gegenwart und reisst neue in der Zukunft auf, weil die Mindestlöhner ja Ansprüche auf eine zukünftige Rente erhalten, deren Finanzierung von ihren Kindern und Kindeskindern finanziert werden müsste.

Zum Verständnis: Der Kombilohn macht das Gegenteil. Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren einen Stundenlohn, der aus Steuer- oder Sozialversicherungsmitteln bis zur Höhe eines Mindesteinkommens bezuschusst wird. Weil man sich aber fürchtet, das ganze Kohorten von Arbeisplätzen bezuschusst werden müssten. Dazu ein anderes mal mehr.

Wer meint, die angesetzte Arbeitszeit von 40 Stunden sei zu hoch, weil man ja auch Teilzeit arbeiten könne, übersieht die Begründung, warum Teile der SPD und Gewerkschaften den Mindestlohn fordern: Er soll mindestens soviel einbringen, wie der Arbeitnehmer für ein Leben in Würde, also Wohnung, Essen, Urlaub braucht. Trotzdem wird es auch Menschen geben, die in Teilzeit zum Mindestlohn leben und trotzdem nicht das Monatseinkommen erreichen, dass für den Lebenshaltungsunterhalt nötig ist.

Trotzdem ist das wirtschaftliche Ergebnis verheerend. Unternehmer können Arbeitnehmer nur dann beschäftigen, wenn diese während ihrer Arbeitszeit mindestens 9 € pro Stunde oder 1200 € pro Monat verdienen und vor allem erwirtschaften (Zu den hier aufgeführten Arbeitskosten kommen natürlich noch Kosten für Krankheitsfall und Urlaub und die Ausstattung des Arbeitsplatzes). Sonst bleibt ihnen nur die Alternative, die gleiche Arbeit schwarz zu finanzieren. Oder er unterlässt sein wirtschaftliches Handeln, wodurch der Staat auch noch Steuereinnahmen verliert, die aus den Gewinnen des Unternehmens entstehen, während der bisherige Arbeitnehmer, der den Mindestlohn von 9 € nicht erwirtschaftet, zusätzlich noch Wohngeld und Arbeitslosengeld II erhält. Natürlich kann der Unternehmer sich auch entscheiden, sein Geschäft ins Ausland zu verlagern.

Es ist also wahrscheinlich, dass es sich auch für den Staat und die Sozialversicherung um ein Nullsummenspiel handelt: Was der Staat durch die verbliebenen Arbeitnehmer, die eine Einkommenserhöhung bis zum Mindestlohn erhalten (es geht ja nicht um die ganzen 500 € pro Monat, sondern nur um die Differenz aus dem bisherigen und zukünftigen Einkommen)hat, muss er mindestens aufwenden, um die neuen Sozialhilfe- und Hartz IV -Empfänger zu finanzieren, die nun nicht mehr arbeiten dürfen.

Ja: DÜRFEN. Durch die Festsetzung des Mindestlohns verbietet es der Staat seinen Bürgern, einen Stundenlohn unterhalb des Mindestlohns abzuschliessen und zu arbeiten oder Wertschöpfung zu erschliessen. Das Grundgesetz legt aber fest, dass jeder Bürger frei in seiner Entscheidung ist, einen Vertrag mit jedermann, jedem Unternehmen und jeder anderen Institution zu schliessen, wenn dies eben seinem freien Willen entspricht. Der Mindestlohn ist das Ende der Vertragsfreiheit.

Thursday, August 17, 2006

Wohlstand für Alle

It´s the economy stupid –
Oder Wohlstand für alle im Nahen Osten

Die landläufige Begründung für den Nahostkonflikt ist der Existenzkampf Israels, den manche bejahen, viele relativieren und insbesondere die Nachbarn verneinen. Es mag eine Facette eines Problems sein, aber mit Sicherheit ist nicht entscheidend für die Armut und die Unfreiheit, die in weiten Teilen der Region herrschen.

Machen wir doch einmal das Gedankenexperiment und entfernen den Staat Israel aus der Region. Hätte Saddam Hussein dann nicht zuerst gegen den Iran, dann gegen Kuweit und zuletzt gegen die Amerikaner Krieg geführt. Wäre aus den Taliban eine friedliebende, tolerante Menschenrechtsbewegung geworden, die sich gegen Osama Bin Laden und für die Frauenbewegung entschieden hätte. Wie hätte es in Darfour ausgesehen. Wären dort keine Massaker geschehen. Was wäre mit dem islamischen Terrorismus der Al Quaida, der am 11. September 2001 völlig unerwartet zuschlug.

Die westliche Welt trägt ein gerüttelt Maß Schuld am Schicksal der Region. Nachdem die Engländer gemeinsam mit Rommels Wüstenfüchsen weite Teile des heutigen Nahen Osten zum Schlachtfeld gemacht hatten, wollten die vereinten Nationen eine neue Staatenordnung nach dem Zweiten Weltkrieg begründen. Die Staatsgrenzen etwa des Irak oder des Libanon waren völlig willkürlich und orientierten sich an den Linealen, die die früheren Kolonialherren auf die Landkarte legten und nicht an den existierenden Stämmen, Volksgruppen und Sprachgrenzen. So wurde im Irak die sunnitische und die schiitische Glaubensgemeinschaft mit Kurden vermischt, im Libanon sollten Christen gemeinsam mit Palästinensern leben, auch Jordanien hat einen hohen Anteil palästinensischer Bevölkerung.

Betrachtet man die Staaten unabhängig von Israel und nutzt das Handwerkszeug, das uns Walter Eucken an die Hand gegeben hat, die These von der Interdependenz der Ordnungen, ergibt sich ein Bild, das sich von den landläufigen Interpretationen deutlich unterscheidet.

Euckens Botschaft ist einfach: Eine Marktwirtschaft braucht die Ordnung eines freiheitlichen Rechtsstaates, um die Freiheit und die Verfügungsgewalt über das private Eigentum für alle Bürger zu garantieren und Chancengleichheit zu ermöglichen. Jede Form von Zwang und Gewalt macht die Chance auf Wettbewerb und Freiheit dauerhaft zunichte. Heute ist auch empirisch belegt, dass nur eine Marktwirtschaft den Menschen die Chance gibt, selber Wohlstand zu erwerben und Freiheit zu genießen.

In der Region gibt es neben Israel nur einen freiheitlichen Rechtsstaat, der die Würde des Menschen und seine Rechte in vergleichbarer Weise schützt, auch wenn dies nicht immer nach unseren Standards der Fall sein mag: Die Türkei. Sie treibt sogar Handel mit Israel und wenn ich mich recht erinnere, gibt es auch bei Verteidigung Kooperation und Waffengeschäfte zwischen beiden Staaten. Die Türkei ist ein freiheitlicher Rechtsstaat und in der weiten Region die einzige parlamentarisch verfasste Demokratie, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt wird. Aber der Staat ist säkularisert, es existiert eine strikte Trennung zwischen dem Staat und der muslimischen Religion. Bisher sind türkische Staatsangehörige auch noch nicht als Terroristen für die islamistische Bewegung in Erscheinung getreten.

Alle anderen Gebilde in der Region sind mit unseren Ansprüchen an eine rechtsstaatliche Ordnung nicht zu vergleichen. Sie lassen sich grob in drei Kategorien teilen.

· Diktaturen oder Halbdemokratien mit Ölbesitz
· Diktaturen oder Halbdemokratien ohne Ölbesitz
· Scheindemokratische Gebilde ohne staatliches Gewaltmonopol.

Die erste Gruppe betrifft hauptsächlich die Anrainerstaaten des persischen Golfs. Während der Iran der Marxschen Maxime folgt, Religion sei Opium fürs Volk und versucht, eine ganze Nation faktisch zu benebeln, sind die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Kuwait in der Lage, die Bevölkerung durch unmaßgebliche Beteiligung am durch die Inbesitznahme der Ölquellen illegitim erworbenem Reichtum still zu halten. Eine offensive Verwendung dieser Revenues im eigenen Land durch Aufbau von Tourismus und Off-Shore-Firmen lässt die weitgehenden mit den Gesetzen des Islam unfrei gehaltene Unter- und Mittelschicht nicht aufbegehren, weil sie sich dauerhaft in einer erträglichen Situation befinden.

Die zweite Gruppe betrifft Staaten wie Ägypten, Syrien und auch Jordanien. Hier ist kein Öl vorhanden und eine kleine Elite hat sich die gesamte Ökonomie unter den Nagel gerissen. Dort gibt es wenige Reiche, die die Gesamtbevölkerung ausbeuten. Auch wenn hier teilweise marktwitschaftliche Mechanismen auftauchen, Korruption und fehlende Chancengleichheit lassen diese Länder in ihrer Fläche lediglich als Mittel zur Ausbeutung durch die „herrschende Klasse“ gelten. Die Garantie des Privateigentums unterliegt der Willkür des Staates und nicht Recht und Gesetz.

Die dritte Gruppe umfasst den Libanon und das Gebiet der sogenannten palästinensischen Selbstverwaltung. Sie sind durch die Abwesenheit eines eigenen staatlichen Gewaltmonopols gekennzeichnet, wie etwa auch der Irak, wo Terroristen mit ihren Bomben sich nicht tagtäglich gegen die Amerikanische Besatzung, sondern gegen die Sicherheitskräfte wenden, die die eigene parlamentarisch legitimierte Regierung repräsentieren, und eben ein solches Gewaltmonopol durchsetzen sollen. Gleiches trifft übrigens offensichtlich auch für weite Teile Afghanistans und auch die Grenzregion Pakistans zu.

In diesen Regionen gibt es keine reguläre Polizei, die die Bürger vor Verbrechen schützt und kein Militär, das in der Lage wäre, den Staat vor Angriffen zu schützen, sondern starke sogenannte Milizen, bewaffnete Privatarmeen, die ihren Eigentümern Macht und hohe wirtschaftliche Einnahmen in den Regionen versprechen, in denen sie tätig sind.

Die Abwesenheit des staatlichen Gewaltmonopols erlaubt es Bewegungen wie Hisbollah, Hamas und Al Quaida, ihrem Terrorhandwerk nachzugehen, ohne zu befürchten, dass die eigene Polizei oder Armee ihnen in die Suppe spuckt.

Die Herrscher in diesen Staaten und die Ihnen verbundenen wirtschaftlichen und politischen Eliten haben bei der Etablierung freiheitlicher Rechtsstaaten in ihren Regionen viel zu verlieren. Macht und Einfluss, aber auch Einkommen, Vermögen und Gewinn. Schlimm ist es, dass die europäische Union mit ihren Fördergeldern mindestens zu diesem Zustand beiträgt und nicht mit ihnen knallharte Bedingungen verbindet, die den einfachen Menschen in diesen Regionen das Recht auf Bildung und Chancengleichheit bringt und die Abkehr von Gewalt und Willkür und die Einführung einer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung darstellt. Kurz die Menschen von denen befreit, die sie in Wirklichkeit ausbeuten, ihre eigenen Eliten und politischen Kasten. Stattdessen konnte sich der verstorbene Palästinenser-Führer Arafat aus diesen Mitteln ein dreistelliges Millionenvermögen abzweigen und seine Frau und Tochter Tag für Tag im Paris im Ritz unterbringen, wo sie nach meiner Kenntnis heute noch "leben".

Europa hat die Chance, im Libanon nicht dieselben Fehler zu wiederholen, die es in Palästina mit allzu viel Gutmenschentum gemacht hat. Und Europa muss die Fehler, die es bei den Palästinensern gemacht hat wieder gut machen, in dem es Hilfe an die Entwaffnung der Milizen und Fatah knüpft und den Mitteleinsatz vor Ort selbst und scharf kontrolliert, so dass der Korruption keine weiteren Türen geöffnet werden.

Schon der frühere libanesische Ministerpräsidenten Hariri wurde nach den Aussagen des deutschen Oberstaatsanwalts, der diesen Mord untersuchte, von syrischen Geheimdienstlern umgebracht, um zu verhindern, was er im Libanon schaffen wollte. Einen freiheitlichen Rechtsstaat und eine liberale Marktwirtschaft, in der die Menschen und nicht die Eliten zu Wohlstand kommen.

Der berühmte Erhard-Spruch vom „Wohlstand für alle“ bekommt so eine ganz neue Bedeutung. Weil diejenigen, die heute ihre Völker bestehlen, abgeben müssten. Hisbollah, Al Quaida und Hamas sind ihre willigsten Helfer. Beim Konflikt zwischen Islamisten und der westlichen Welt geht es nicht um religiöse Unterschiede. Sondern um Werte, wie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, die Israel im Nahen Osten verteidigt. Nicht in unserem Auftrag aber zu unserem Vorteil. Und um die Frage, ob wir hier weiter so leben können, wie wir wollen.